Frau mit fragendem Gesicht

Produkthaftung und die erweiterte Produkthaftpflicht – Versicherung

"Wenn ein Baumeister ein Haus baut für einen Mann und macht seine Konstruktion nicht so stark, so dass es einstürzt und verursacht den Tod des Bauherrn: dieser Baumeister soll getötet werden." Dieser Auszug aus dem Codex des Hammurabi zur Haftung um ca. 1750 v. Chr. klingt für heutige Maßstäbe natürlich sehr streng, beschreibt aber ziemlich genau das was es ist: die Produkthaftung. Wer aber haftet wann? Welche Versicherung schützt bei Schäden? Wer benötigt eine konventionelle und wer eine erweiterte Produkthaftpflicht?

Was versteht man unter Produkthaftung?

Die Produkthaftung ist das Risiko des Herstellers oder Warenlieferanten von einem Dritten in Anspruch genommen zu werden wegen Schäden die dem Abnehmer oder Endverbraucher durch gelieferte Produkte entstehen.

Bei den Grundlagen der Produkthaftung unterscheidet man die:

Haftung aufgrund Gesetz

Haftung aus unerlaubter Handlung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch §823

Bei der Haftung nach §823 BGB hat sich durch Rechtsprechung eine Beweislastumkehr entwickelt, d.h der Hersteller muss beweisen, dass kein Entwicklungsfehler, Konstruktionsfehler, Fabrikationsfehler oder Konstruktionsfehler zu einem Schaden beim Verbraucher oder Abnehmer geführt hat. Gehaftet wird in unbegrenzter Höhe für alle Personen- und Sachschäden.

Haftung nach dem Produkthaftungsesetz (ProdHG)

Bei der Haftung nach dem ProdHG handelt es sich um eine so genannte Gefährdungshaftung. Daher ist es erst mal unerheblich, ob dem Hersteller oder Händler ein Verschulden trifft, wenn es beim Abnehmer oder Verbraucher zu einem Schaden kommt. Der Hersteller muss bei dieser Haftungsgrundlage für Personen- und Sachschäden haften. Eine Entlastung des Herstellers ist beispielsweise nur möglich, wenn er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat, wenn der Fehler z.B. durch falsche Lagerung entstanden ist oder das Produkt zwingenden Rechtsvorschriften entsprach. Bei privaten Abnehmern wird für Personen- und Sachschäden gehaftet. Bei gewerblichen Abnehmern nur für Personenschäden.

Haftung nach anderen speziellen Gesetzen (z.B. AMG)

Hier ist zum Beispiel die Haftung für das in den Verkehr bringen von Arzneimitteln gemeint. Auch für andere Bereiche mit sensiblen Produkten gibt es spezielle Haftungsgrundlagen.

Haftung aufgrund Vertrag

Schadenersatz wegen Pflichtverletzung nach §280 BGB

Hat der Verbraucher oder Lieferant ein Vertragsverhältnis mit seinem Abnehmer, so kommt auch eine solche Haftung in Betracht. Diese kommt bei einer Pflichtverletzung aus dem Vertragsverhältnis zum Tragen. Eine solche Pflichtverletzung kann z.B. das Fehlen vereinbarter Eigenschaden oder die Lieferung einer mangelhaften Sache sein.

Haftung aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen

Auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann der Hersteller spezielle Haftungen festlegen.





Konventionelle oder Erweiterte Produkthaftpflicht?

In dem oberen Absatz wurde nun darüber informiert, wie der Hersteller oder Händler für seine Produkte haftet. Wie gelesen, ist die Haftung aus dem in den Verkehr bringen von Produkten sehr weitreichend. Wer sich hier als Unternehmen nicht um den richtigen Versicherungsschutz bemüht, der geht die Gefahr ein, im Falle eines Schadens vor dem finanziellen Ruin zu stehen.

Aber gerade wegen der komplexen Haftungssituation wissen selbst viele Versicherungsfachmänner nicht, welche Versicherung die richtige ist. Wann genügt die normale Betriebshaftpflichtversicherung? Wann benötigt man eine erweiterte Produkthaftpflichtversicherung? Was ist das überhaupt? Wer sich hier beraten lassen möchte, der sollte schon einen Versicherungsmakler kontaktieren, welche auch viel Erfahrung im Bereich der gewerblichen Haftpflichtversicherung hat.

Die konventionelle Produkthaftpflicht – Versicherung

Wer als Hersteller oder Warenlieferant seine Produkte direkt an den Endverbraucher verkauft, der benötigt in der Regel nur eine normale Betriebshaftpflichtversicherung mit konventionellen Produkthaftpflichtrisiko. Versichert sind dann Personen- und Sachschäden. Vermögensschäden sind nur dann versichert, soweit sie Folge eines versicherten Personen- oder Sachschaden sind. Versichert gelten immer Schäden aus der gesetzlichen Haftung heraus, nicht aus der vertraglichen.

Beispiel für ein konventionelles Produkthaftpflichtrisiko:

Als Bäcker verkaufen Sie ihre Backwaren nur an Endkunden. Beim Verzehr eines Brötchens verletzt sich einer der Kunden. Wie sich heraus stellt, ist im Produktionsprozess ein Glasteilchen in den Teig geraden, welches zu Schnittwunden im Gaumen des Kunden geführt hat. Dies ist ein versicherter Personenschaden, so dass die Betriebshaftpflichtversicherung den Schaden begleicht. Hier fallen dann beispielsweise Arztkosten und Schmerzensgeld an.

Ein Schreiner baut in einem Haus eine Treppe. Hierbei unterläuft ihm ein Fehler und die Treppe bricht zusammen, da tragende Teile nicht halten. Der Hauseigentümer verletzt sich dabei schwer. Auch dieser Schaden wird durch eine Betriebshaftpflichtversicherung mit konventioneller Produkthaftpflicht reguliert.

Die erweiterte Produkthaftpflicht – Versicherung

Wer als Hersteller oder Großhändler seine Produkte nicht an Endabnehmer verkauft, der benötigt unter Umständen eine erweiterte Produkthaftversicherung. Hier sind die Kosten des Abnehmers versichert, welche entstehen, wenn das Produkt mangelhaft ist. In der erweiterten Produkthaftversicherung sind nur so genannte reine Vermögensschäden versichert. Darunter versteht man also solche Schäden, welche nicht aufgrund eines Personen- oder Sachschadens entstehen.

Die erweiterte Produkthaftpflichtversicherung ist modular aufgebaut und man kann gewisse Bausteine versichern. Versichert sind also benannte Vermögensschäden. Diese Bausteine kann man absichern:

Sie sehen eine Infografik zum Thema Abgrenzung konventionelle und erweiterte Produkthaftpflicht

Fehlen vereinbarter Eigenschaften

Hier ist eine Abgrenzung zur konventionellen Produkthaftpflichtversicherung schwierig, daher ist dieser Deckungsbaustein oft schon in der normalen Betriebshaftpflichtversicherung automatisch enthalten. Fehlt es also dem Produkt an den vereinbarten Eigenschaften und kommt es dann zu einem Vermögensschaden beim Abnehmer, so ist dieser Vermögensschaden gedeckt. So haftet zum Beispiel ein Hersteller von Folien für Lebensmittel, wenn er zusichert, dass diese Folien geschmacksneutral sind. Stellt sich heraus, dass diese nicht geschmacksneutral sind, kann der Abnehmer ggf. seine damit verpackten Lebensmittel nicht verkaufen. Es kommt also dadurch zum Vermögensschaden beim Abnehmer, welcher versichert ist.





Verbindungs-, Vermischungs-, Verarbeitungsschäden

Hier sind Schäden gemeint, welche entstehen wenn fehlerhafte Produkte des Herstellers mit anderen Produkten des Abnehmers vermischt werden und dadurch das Endprodukt nicht verwendet werden kann. Schadenbeispiel: Ein Landwirt verkauft verdorbene Kartoffeln. Der Abnehmer stellt daraus Kartoffelsalat her. Dieser kann natürlich nicht verkauft werden und es kommt zum Vermögensschaden.

Weiterbe- und verarbeitungsschäden

Wer als Hersteller Produkte verkauft, welche beim Abnehmer Weiterbe- und verarbeitet werden, der haftet, wenn die Produkte mangelhaft sind und dadurch das Endprodukt unverkäuflich ist. Schadenbeispiel: Ein Hersteller von kleinen Metallplatten liefert diese an den Abnehmer, welcher sie für das Herstellen von Fenstern weiterverarbeitet. Es stellt sich heraus, dass die Metallplatten Fremdkörper enthalten und so die hergestellten Fenster unverkäuflich sind.

Aus- und Einbaukosten

Werden Teile hergestellt, welche in ein anderes Produkt eingebaut werden und diese nicht untrennbar im anderen Produkt aufgehen, so müssen diese wieder ausgebaut werden, wenn diese Teile mangelhaft sind. Diese Kosten werden dann von der erweiterten Produkthafthaftpflicht übernommen. Schadenbeispiel: Ein Hersteller liefert fehlerhafte Schrauben, welche in andere Produkte geschraubt werden. Da die Schrauben fehlerhaft sind, müssen diese wieder ausgebaut werden.

Schäden durch mangelhafte Maschinen / Steuerung / Formen

Hier sind die Kosten Dritter abgedeckt, welche infolge Mangelhaftigkeit von Produkten, die durch vom Versicherungsnehmer gelieferten Maschinen hergestellt, be- oder verarbeitet wurden. Schadenbeispiel: Ein Unternehmen stellt eine Maschine für Schreiner her. Durch Mangelhaftigkeit der Maschine werden die Bretter zur kurz geschnitten. Die hergestellten Schränke können nicht verkauft werden.

Prüf- und Sortierkosten

Diese fallen an, wenn man davon ausgehen muss, dass Produkte mangelhaft sind und man dies überprüfen muss. Schadenbeispiel: Ein Lebensmittelhersteller hat den Verdacht, dass das Öl, welches er bei der Zubereitung seines Salates verwendete, mangelhaft ist. Dies muss nun durch ein Chemielabor untersucht werden.

Fazit

Wer Produkte herstellt und mit ihnen handelt, der ist weitreichenden Haftungsrisiken ausgesetzt. Diese Haftungsrisiken kann man mit einer entsprechenden Versicherungslösung minimieren. Werden Produkte für Endverbraucher hergestellt oder wird mit Produkten für Endverbraucher gehandelt, so genügt in der Regel eine Betriebshaftpflichtversicherung, in welcher die konventionelle Produkthaftpflicht mitversichert ist. Werden aber Produkte hergestellt oder wird mit Ihnen gehandelt, welche nicht für den Endverbraucher bestimmt sind, so wird eine erweiterte Produkthaftpflicht benötigt. Welche Bausteine abgesichert werden müssen, ist davon abhängig um welche Produkte es sich handelt und was mit ihnen in der Prozesskette geschieht.